Berücksichtigung des Verlegungswunsches bei Verlegungsanträgen

§ 24 Abs. 7 S. 1 Ärzte-ZV begründet einen Anspruch auf Verlegung des Vertragsarztsitzes, sofern Gründe der vertragsärztlichen Versorgung nicht entgegenstehen. Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 03.08.2016 entschieden, dass Versorgungsgesichtspunkte einer Sitzverlegung grundsätzlich entgegenstehen, wenn die Praxis von einem schlechter versorgten Gebiet in ein besser versorgtes Gebiet verlegt werden soll. Dennoch seien jedoch in einem zweiten Schritt auch die Hintergründe für den Verlegungswunsch zu berücksichtigen. BSG, Urt. v. 03.08.2016 (Az.: B 6 KA 31/15 R)

§ 24 Abs. 7 S. 1 Ärzte-ZV begründet einen Anspruch auf Verlegung des Vertragsarztsitzes, sofern Gründe der vertragsärztlichen Versorgung nicht entgegenstehen. Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 03.08.2016 entschieden, dass Versorgungsgesichtspunkte einer Sitzverlegung grundsätzlich entgegenstehen, wenn die Praxis von einem schlechter versorgten Gebiet in ein besser versorgtes Gebiet verlegt werden soll. Dennoch seien jedoch in einem zweiten Schritt auch die Hintergründe für den Verlegungswunsch zu berücksichtigen.
BSG, Urt. v. 03.08.2016 (Az.: B 6 KA 31/15 R)

Sachverhalt

Eine Psychotherapeutin wurde mit Beschluss des Zulassungsausschusses mit einem hälftigen Versorgungsauftrag zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zugelassen. Die Zulassung erfolgte unter der aufschiebenden Bedingung der Fortführung des hälftigen Versorgungsauftrags der abgebenden Psychotherapeutin an deren Praxissitz (Unterversorgung von 83,7 %). 10 Monate nach Beschluss des Zulassungsausschusses beantragte die Psychotherapeutin die Verlegung ihres Praxissitzes an ihre Wohnadresse (Überversorgung von 344%). Zur Begründung gab sie an, dass sie in dem Haus wohne, was den Arbeitsweg verkürze und den Aufbau von Behandlungsmöglichkeiten für Berufstätige auch in den frühen Abendstunden erleichtere. Zudem sei der bisherige Behandlungsraum zu klein für Gruppentherapien. Der Zulassungsausschuss lehnte den Antrag ab, da durch die Sitzverlegung die bereits jetzt ungleichmäßige Versorgungssituation weiter verschärft werden würde.

Entscheidung

Gemäß § 24 Abs. 7 S. 1 Ärzte-ZV setzt die Genehmigung eines Verlegungsantrags voraus, dass Gründe der vertragsärztlichen Versorgung der Verlegung nicht entgegenstehen. Nach Auffassung des Bundessozialgerichts führen der Versorgung entgegenstehende Gründe jedoch nicht per se zur Ablehnung der Genehmigung des Verlegungsantrags. Vielmehr seien in einem zweiten Prüfungsschritt auch die Gründe für den Verlegungswunsch des Arztes zu berücksichtigen. Im Ergebnis können die Belange, die der Arzt für seinen Verlegungswunsch anführt, ein solches Gewicht haben, dass sie die versorgungsbezogenen Gründe überwiegen.

Ein kategorischer Ausschluss einer Genehmigung bei entgegenstehenden Versorgungsaspekten wäre im Hinblick auf den grundrechtlichen Schutz der Praxisverlegung durch Art 12 Abs 1 GG problematisch. Vielmehr sei eine Interessenabwägung vorzunehmen. Der Gesetzgeber habe hierbei die Wertung dergestalt vorgegeben, dass Gesichtspunkte der vertragsärztlichen Versorgung grundsätzlich vorrangig gegenüber den individuellen Gründen für die Verlegung zu berücksichtigen sind. Etwas anderes gelte nur bei schwerwiegenden individuellen Gründe für die Verlegung. Dies könne etwa der Fall sein, wenn ein Arzt krankheitsbedingt seine Tätigkeit am bisherigen Standort nicht mehr fortsetzen kann oder nach Verlust der Praxisräume im Nahbereich keine geeigneten Räume zur Verfügung stehen. Nicht zu berücksichtigen seien insofern alle Gesichtspunkte, die einem Arzt schon vor der Zulassung am ursprünglichen Praxissitz bekannt waren.

Praxishinweis

In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass die Kassenärztliche Vereinigung in ihrer Stellungnahme zu einem Verlegungsantrag ausschließlich auf den Versorgungsgrad am bisherigen Vertragsarztsitz im Vergleich zum Zielort abstellt und bei einem schlechteren Versorgungsgrad am bisherigen Standort automatisch den Rückschluss zieht, dass bei einer Verlegung die Versorgung am bisherigen Vertragsarztsitz verschlechtert wird. Dabei werden regelmäßig keine konkreten Gründe für die Versorgungsverschlechterung genannt. Diese kategorische Ablehnung, allein mit der angeblichen Verschlechterung am bisherigen Vertragsarztsitz reicht schon vor dem Hintergrund der geschilderten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht aus. Hinzu kommt, dass die Berechnung der Bedarfsplanung bekanntermaßen nicht mehr der Realität entspricht, sodass nicht nur auf den lokalen Versorgungsgrad, sondern auch auf die tatsächliche Versorgungssituation abzustellen ist. Zudem sind in Anlehnung an das zuvor dargestellte Urteil gerade auch die Gründe für den Verlegungswunsch zu berücksichtigen.