Das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG)

Mit den Worten „Bekannt bin ich jetzt, beliebt muss ich noch werden“, wird Bundesgesundheitsminister Jens Spahn in der kürzlich über ihn erschienenen Biografie zitiert. Dies trifft auch auf den von seinem Hause initiierten Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes „für schnellere Termine und bessere Versorgung, Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG)“ (BT-Drs. 19/6337) zu. Die Maßnahmen, die das Kabinett zur Verwirklichung des vorrangigen gesetzgeberischen Ziels, „allen gesetzlich Versicherten einen gleichwertigen Zugang zur ambulanten ärztlichen Versorgung zu ermöglichen“ vorschlägt, werden in Politik und Fachwelt äußerst kontrovers diskutiert.

Mit den Worten „Bekannt bin ich jetzt, beliebt muss ich noch werden“, wird Bundesgesundheitsminister Jens Spahn in der kürzlich über ihn erschienenen Biografie zitiert.

Dies trifft auch auf den von seinem Hause initiierten Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes „für schnellere Termine und bessere Versorgung, Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG)“ (BT-Drs. 19/6337) zu.

Die Maßnahmen, die das Kabinett zur Verwirklichung des vorrangigen gesetzgeberischen Ziels, „allen gesetzlich Versicherten einen gleichwertigen Zugang zur ambulanten ärztlichen Versorgung zu ermöglichen“ vorschlägt, werden in Politik und Fachwelt äußerst kontrovers diskutiert.

Gleiches gilt auch für die weiteren gesetzgeberischen Motive, insbesondere etwa für das Vorhaben „die Attraktivität der medizinischen Versorgungszentren zu erhalten und gleichzeitig für eine ausgewogene Balance zwischen Anstellung und freiberuflicher Tätigkeit von Ärztinnen und Ärzten zu sorgen“.

Am 13.12.2018 hat die erste Lesung des 160 Seiten starken Gesetzentwurfs im Bundestag stattgefunden. In einer hitzigen Debatte – zu Beginn hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn seinen Entwurf verteidigt – wurden bereits Änderungsanträge der Oppositionsfraktionen beraten.

Im Gesundheitsausschuss hat am 16.01.2019 eine öffentliche Anhörung zu diesem Gesetzentwurf und den weiteren Vorlagen stattgefunden. Über 40 Sachverständige, hierunter etwa die Bundesärztekammer (BÄK), die Kassenärztliche und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KBV und KZBV) und der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) haben bisher schriftliche Stellungnahmen eingereicht (abrufbar unter: https://www.bundestag.de/ausschuesse/a14/anhoerungen/stellungnahmen-inhalt/585900) und hatten z. T. Gelegenheit, ihre Position im Ausschuss mündlich vorzubringen. Gegenstand der Anhörung war auch ein Änderungsantrag der Regierungsfraktionen CDU/CSU und SPD (Ausschussdrucksache 19(14)51.4), durch den Änderungen im Heilmittelrecht in den Gesetzesentwurf eingefügt werden sollen.

Im Folgenden werden einige der im Kabinettsentwurf geplanten Gesetzesänderungen zu den vorgenannten gesetzgeberischen Zielen unter Berücksichtigung des Inhalts des Änderungsantrags der Regierungsfraktionen skizziert:

I. Reform des Zugangs zur ambulanten vertragsärztlichen Versorgung

Der Gesetzesentwurf sieht vor, den Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigungen in § 75a SGB V auf eine angemessene und zeitnahe Zurverfügungstellung der vertragsärztlichen Versorgung insgesamt auszuweiten. Demnach sollen die Kassenärztlichen Vereinigungen die Versicherten im Internet in geeigneter Weise über die Sprechstundenzeiten ihrer Vertragsärzte informieren und die Terminservicestellen ausbauen. Diese Servicestellen sollen künftig 24/7 erreichbar sein und unter anderen den Versicherten innerhalb einer Woche einen Behandlungstermin bei einem Leistungserbringer nach § 95 Absatz 1 Satz 1 SGB V vermitteln.

Ferner wird eine Änderung der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) vorgeschlagen. In § 19a Ärzte-ZV soll künftig die Pflicht eines jeden Vertragsarztes niedergelegt werden, Mindestsprechstunden im Umfang von mindesten 25 Stunden wöchentlich für gesetzlich Versicherte vorzuhalten. Damit würde die Regelung der Mindestzeit von Sprechstunden der Kompetenz der gemeinsamen Selbstverwaltung entzogen und zudem der bisherige Mindestumfang erhöht. An der fachärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte und Ärzte, die die Grundversorgung und wohnortnahe Patientenversorgung sicherstellen, müssen nach dem Entwurf zudem mindestens fünf Stunden wöchentlich als offene Sprechstunden ohne vorherige Terminvereinbarung anbieten. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen zur Überprüfung der Einhaltung der Mindestzeit von Sprechstunden verpflichtet werden. Das Unterschreiten soll durch Honorarkürzungen sanktioniert werden.

Als finanzieller Anreiz für Vertragsärzte soll für ärztliche Leistungen gegenüber Patienten, die in der jeweiligen Arztpraxis erstmals untersucht und behandelt werden, oder die mindestens vier Jahre nicht in dieser Arztpraxis untersucht und behandelt worden sind, ein einmaliger Zuschlag in Höhe von mindestens 25 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EMB) aufgenommen werden. Für Ärzte, die die Grundversorgung und wohnortnahe Patientenversorgung sicherstellen, ist zudem ein Zuschlag auf die jeweilige Grundpauschale in Höhe von mindestens 15 Prozent für den Fall vorgesehen, dass die Leistungen im Rahmen offener Sprechstunden ohne vorherige Terminvereinbarung erbracht worden sind.

II. Geplante Änderungen im Zulassungsrecht, insbesondere bezüglich Medizinischer Versorgungszentren

Die Berechtigung zur Gründung von Medizinischen Versorgungszentren (MVZs) soll eingeschränkt werden. In § 95 Abs. 1a SGB V soll ein neuer Satz 2 angefügt werden, der vorsieht, dass Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen nur noch zur Gründung fachbezogener MVZs berechtigt sind. Für bereits am Tag der Verkündung zugelassene fachfremde MVZs ist Bestandsschutz vorgesehen.

Positiv soll klargestellt werden, dass einem MVZ kein Zulassungsentzug wegen Wegfalls der Gründungsvoraussetzungen droht, sofern angestellte Ärzte die Gesellschafteranteile von Ärzten übernehmen, die zuvor zugunsten der Anstellung auf ihre Zulassung verzichtet haben. Voraussetzung hierfür soll aber sein, dass die angestellten Ärzte in dem MVZ auch selbst als Ärzte tätig bleiben, so wie es die Gründer vorher auch mussten.

Ein Beschluss über das Ruhen oder den Entzug der Zulassung nach § 95 Abs. 5 und 6 SGB V soll künftig auch hinsichtlich eines Viertels der Zulassung möglich sein.

In § 95 Abs. 7 SGB V soll außerdem aufgenommen werden, dass die vertragsärztliche Tätigkeit endet, wenn diese in einem gesperrten Planungsbereich nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufgenommen wird. Damit würde die frühere Regelung in § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV ersetzt werden, welche vom BVerfG als verfassungswidrig aufgehoben wurde, da sie nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 98 Abs. 1 SGB V für den Erlass der Ärzte-ZV gedeckt ist und damit keine ausreichende gesetzliche Grundlage für einen Eingriff in die Berufsfreiheit, Art. 12 GG, darstellt (BVerfG, Beschl. vom 26. 09. 2016 – 1 BvR 1326/15, Rn. 23 ff.). Dementsprechend streicht der Gesetzesentwurf die nichtige Regelung in § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV.

Zur Beschäftigung von Ärzten durch Vertragsärzte und MVZs soll in einem neuen § 103 Abs. 4a SGB V klargestellt werden, dass MVZs auf Antrag eine Arztstelle nachbesetzen können, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind. Der Zulassungsausschuss soll den Antrag auf Nachbesetzung der Arztstelle aber ablehnen können, wenn er eine Nachbesetzung aus Gründen der vertragsärztlichen Versorgung nicht für erforderlich hält. Dieses Ablehnungsrecht soll dem Zulassungsausschuss auch beim Antrag eines Vertragsarztes oder MVZs auf Nachbesetzung einer Stelle eines bei ihm angestellten Arztes eingeräumt werden. Hiermit würde ein mit dem Vorschaltverfahren vor Ausschreibung eines frei gewordenen Arztsitzes gem. § 95 Abs. 3a SGB V vergleichbares Verfahren eingeführt werden, das dem Zulassungsausschuss ermöglicht, Arztstellen nicht nachzubesetzen und damit faktisch einzuziehen. Bemerkenswert ist allerdings, dass der Gesetzentwurf bislang keine Ersatzregelung im Fall der unterbleibenden Nachbesetzung entsprechend § 95 Abs. 3a S. 13 SGB V enthält.

III. Reform des Heilmittelrechts

Der Änderungsantrag der beiden Regierungsfraktionen sieht insbesondere durch Einfügung eines neuen § 125a SGB V über die „Heilmittelversorgung mit erweiterter Versorgungsverantwortung“ die Einführung der sogenannten Blankoverordnung vor. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der Interessen der Heilmittelerbringer maßgeblichen Spitzenorganisationen sollen ermächtigt werden, Vereinbarungen zu schließen, nach denen die Heilmittelerbringer auf Grund einer durch einen Vertragsarzt festgestellten Diagnose und der Indikation für eine Heilmittelmittelbehandlung selbst über die Auswahl und die Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten bestimmen können.

Für den 13.02.2019 ist bereits die weitere Behandlung im Gesundheitsausschuss geplant. Wir werden Sie über das Gesetzgebungsverfahren weiter auf dem Laufenden halten.