„Die Gesundheitsversorgung muss innovativer gedacht werden“, heißt es im Gesetzesentwurf des Digitale-Versorgungs-Gesetzes, der am 27. September 2019 in der 1. Lesung im Bundestag beraten wurde. Im Kern geht es vor allem um die geplante Erstattung von digitalen Gesundheitsanwendungen („diGA“) durch die Krankenkassen.
„Die Gesundheitsversorgung muss innovativer gedacht werden“, heißt es im Gesetzesentwurf des Digitale-Versorgungs-Gesetzes, der am 27. September 2019 in der 1. Lesung im Bundestag beraten wurde. Im Kern geht es vor allem um die geplante Erstattung von digitalen Gesundheitsanwendungen („diGA“) durch die Krankenkassen. Die diGA-Hersteller sollen zudem eine neue Klasse der Leistungserbringer begründen. Nachfolgend erhalten Sie einen kurzen Überblick über die geplanten Regelungen und die möglichen Stellschrauben für die Praxis:
Für Versicherte der GKV soll es zukünftig einen gesetzlichen Anspruch auf diGA geben (§ 33a SGB V). Bei diGA handelt es sich um Medizinprodukte niedriger Risikoklasse. Laut der Gesetzesbegründung sind hiermit vor allem Software und andere auf digitalen Technologien basierte Medizinprodukte gemeint, deren Zweckbestimmung „gesundheitsbezogen“ ist und die ein geringes Risikopotenzial mit sich bringen. Die diGA darf nicht lediglich der Ergänzung oder Steuerung eines anderen Medizinprodukts dienen. Die Erstattungsfähigkeit setzt entweder die ärztliche Verordnung oder die Genehmigung der Krankenkasse voraus.
In diesem Zusammenhang wird dem BfArM eine aktive Rolle zugewiesen, indem dieses ein „Verzeichnis für die erstattungsfähigen diGA“ („Positivliste“) führen soll (§ 139 e SGB V). Den diGA-Herstellern soll damit auch der Marktzugang erleichtert werden. Das BfArM prüft die jeweilige diGA im Hinblick auf Datensicherheit, Datenschutz, Funktionalität und auf positive Versorgungsaspekte. Erlässt das BfArM diesbezüglich einen positiven Bescheid, darf die diGA von der GKV erstattet werden. Kann der diGA-Hersteller den Nachweis „positiver Versorgungsaspekte“ noch nicht im Zeitpunkt der Antragstellung führen, kann er beim BfArM einen Antrag auf Erprobung stellen. Seine diGA wird sodann befristet für 12 Monate in die Versorgung aufgenommen. Der diGA-Hersteller muss dann jedoch innerhalb dieser 12 Monate den Nachweis „positiver Versorgungsaspekte“ führen. Das BfArM entscheidet nach diesem Zeitraum über die Aufnahme in das Verzeichnis.
Welche Anforderungen an diese „positiven Versorgungsaspekte“ gestellt werden, ist noch ungeklärt. Die Anforderungen sollen in einer Rechtsverordnung geregelt werden, die laut Gesundheitsminister Spahn für Medizinprodukte mit geringer Risikoklasse (Klasse I oder IIa) in den ersten drei Monaten des Jahres 2020 vorliegen soll. Die Verordnung für Medizinprodukte der Klasse IIb dann im zweiten Quartal 2020. Diese würden dann vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) bewertet. (Quelle: Ärztezeitung, 21.10.2019)
Den Preis für die diGA soll der Hersteller im 1. Jahr frei wählen dürfen („free pricing“). Für die anschließende Preisverhandlung ist der GKV-SV – wieder ein anderes Gremium – zuständig. Der verhandelte Preis gilt nach dem 1. Jahr und nach verbindlicher Aufnahme in das Verzeichnis nach § 139 b SGB V (§ 134 Abs. 1 SGB V). Für den Fall der Nichteinigung soll eine neue Schiedsstelle – bestehend aus dem GKV-SV und den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der diGA-Hersteller – eingerichtet werden.
Den Krankenkassen soll ermöglicht werden, digitale Innovationen zu fördern (§ 68a SGB V). Dazu gehören beispielsweise digitale Medizinprodukte oder telemedizinische Verfahren. Des Weiteren soll es den Krankenkassen ermöglicht werden, digitale Innovationen in Zusammenarbeit mit Dritten, wie z. B. Medizinprodukteherstellern, zu entwickeln oder entwickeln zu lassen. Den Krankenkassen soll insbesondere gestattet werden bis zu 2 % (aktuell ca. 400 Mio. Euro) ihrer Finanzreserven in Anteile an Investmentvermögen anzulegen (§ 263 a SGB V).
Es sollen jedoch auch Versorgungsinnovationen durch die Krankenkassen gefördert werden können. Hierzu sollen die Krankenkassen die von ihnen erhobenen Sozialdaten gem. § 284 SGB V, nach vorheriger Pseudonymisierung, auswerten dürfen. Damit sollen die Krankenkassen ihren Versicherten Informationen zu individuell geeigneten Versorgungsmaßnahmen zur Verfügung stellen und diese auch anbieten dürfen (§ 68 b SGB V).
Die geplanten Änderungen sind für die voranschreitende Digitalisierung in Deutschland ein wichtiger Schritt. Nichtsdestotrotz lässt der Gesetzesentwurf noch viele Fragen offen:
Es bleibt abzuwarten, welche Änderungen der Gesetzesentwurf nach der Anhörung im Gesundheitsausschuss und im weiteren Gesetzgebungsverfahren erhalten wird. Es sind auf jeden Fall noch einige Punkte offen, zu denen eine Klarstellung seitens des Gesetzgebers erfolgen sollte.
Der Bundestag soll Anfang November in 2./3. Lesung über das DVG abstimmen.