Geschäftsführerhaftung für die „Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes“

In einer Entscheidung zur Geschäftsführerhaftung hat das OLG Zweibrücken klargestellt, dass die Geschäftsleitung nicht in jedem Fall am durch § 43 Abs. 1 GmbHG festgelegten Maßstab der „Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes“ zu messen ist.

Diese Sorgfalt, so das OLG, gelte nur bei der Erfüllung organspezifischer Pflichten. Im entschiedenen Fall jedoch war die Geschäftsführerin Opfer von Email-Phishing geworden und hat auf täuschend echt wirkende, jedoch betrügerische, Email-Rechnungen insgesamt US-Dollar 84.000,00 an Betrüger überwiesen.

Rechnungsprüfung und -begleichung seien keine originären Pflicht eines Geschäftsleiters. Diese Arbeit könne von anderen Angestellten eines Unternehmens getan werden, was praktisch auch häufig geschehe.  

Deswegen sei der strenge Sorgfaltsmaßstab von § 43 Abs. 1 GmbHG nicht anzuwenden, wenn die Geschäftsleitung persönlich solche Arbeiten übernehme. Vielmehr sei dann der Haftungsmaßstab von § 280 BGB anzulegen, der für alle Angestellten eines Unternehmens gelte: Eine Haftung für Fehlleistungen bei der Arbeit setzt frühestens für grob fahrlässige Pflichtverletzungen ein.

Eine grob fahrlässige oder gar vorsätzliche Pflichtverletzung könne aber angesichts der geschickten Fälschungen nicht festgestellt werden, zumal diverse Kollegen in „cc“ gesetzt waren und den Betrug ebenfalls nicht bemerkten.

Im Ergebnis war die Geschäftsführerin daher haftungsfrei und der Fall zeigt zugleich, wie komplex das System der Geschäftsführerhaftung selbst bei recht einfachem Tatgeschehen ist, obwohl auf den ersten Blick „die Sache klar“ wirkt.

(OLG Zweibrücken, Urteil vom 18.08.2022 – 4 U 198/21)