OLG Koblenz: Verbot von Werbung für Schönheitsoperationen mit Vorher-Nachher-Vergleich durch Avatare

Das Landgericht Mainz hatte die Beklagte – eine Spezialklinik für plastisch-ästhetische Chirurgie mit Schwerpunkt in der Gesichts- und Brustchirurgie – verurteilt (Az.: 11 HK 0 34/22), es zu unterlassen, geschäftlich handelnd für operative plastisch-chirurgische Eingriffe mittels bildlicher Darstellungen zu werben und/oder werben zu lassen.

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte auf ihrer Internetseite für Lippenunterspritzungen mit Hyaluronsäure geworben und hierfür zwei Avatare genutzt, die jeweils den Kopf einer weiblichen Person abbilden und die Lippen vor sowie nach einer Unterspritzung darstellen.

Das Oberlandesgericht Koblenz hat in seinem Urteil vom 23.04.2024 (Az.: 9 U 1097/23) die Rechtsauffassung des Landgericht Mainz geteilt, dass es sich hierbei um einen Verstoß gegen den § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 HWG handelt und damit die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Danach darf für operative plastisch-chirurgische Eingriffe zur Veränderung des menschlichen Körpers ohne medizinische Notwendigkeit nicht mit der Wirkung einer solchen Behandlung durch vergleichende Darstellung des Körperzustandes oder des Aussehens vor und nach dem Eingriff geworben werden.  Diese Vorschrift stellt einen abstrakten Gefährdungstatbestand dar.

Bei der beworbenen Lippenunterspritzung handelt es sich nach dem Oberlandesgericht um einen operativ plastisch-chirurgischen Eingriff im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2c) HWG, da Ziel der Behandlung die Verbesserung einer Körperform ist. Die Unterspritzung wird dabei mittels einer Kanüle und somit mit einem instrumentellen Eingriff vorgenommen. Hierfür liegt auch keine medizinische Indikation vor.

Zudem nutzt die Beklagte bei ihrer Werbung eine vergleichende Darstellung eines Körperzustandes. Anders als von der Beklagten vorgetragen gehören dazu nicht lediglich Lichtbilder, sondern sämtliche Abbildungen, die visuell wahrgenommen werden können und ein menschliches Körperteil erkennen lassen. Hierzu zählen neben realistischen Abbildungen auch schematisierende oder stilisierende Darstellungen. So also auch die von der Beklagten verwendeten Avatare, die erkennbar eine weibliche Person mit Lippen vor und nach einer entsprechenden Unterspritzung darstellen.

Eine einschränkende Auslegung der Norm hat auch nicht deshalb zu erfolgen, weil mit dem Werbeverbot ein Eingriff in die von Art. 12 GG geschützte Berufsfreiheit und auch die von Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Meinungsfreiheit impliziert ist. Vielmehr gelten die Grundrechte nicht schrankenlos, sondern können durch kollidierendes Verfassungsrecht beschränkt werden. Eine Beschränkung kann insbesondere in Bezug auf das Gemeinschaftsgut der Gesundheit der Bevölkerung erforderlich sein. Insbesondere bei nicht medizinisch indizierten Eingriffen sollen daher suggestive und irreführende Formen der Absatzwerbung weitgehend unterbunden werden.