Streit um Honorarabrechnung eines MVZ: Keine Abrechnungsberechtigung ohne tatsächliche zahnärztliche Leitung

Das Sozialgericht München hat mit Urteil vom 29.02.2024 (Az.: S 49 KA 5037/23) entschieden, dass ein MVZ seine Abrechnungsberechtigung verliert, wenn es keinen tatsächlichen zahnärztlichen Leiter hat. Die rein formale Zulassung genügt hierfür nicht.

Im vorliegenden Fall erhielt die zahnärztliche Leiterin des MVZ aufgrund ihrer Schwangerschaft zum 29.07.2021 ein Beschäftigungsverbot. Das MVZ meldete dies dem Zulassungsausschuss allerdings erst mit einer zeitlichen Verzögerung am 25.10.2021. Der Zulassungsausschuss stellte daraufhin erst am 24.11.2021 – also ca. 4 Monate nach Beginn des Beschäftigungsverbots – die Beendigung der zahnärztlichen Leitung der bisherigen Leiterin fest und bestellte auch den neuen zahnärztlichen Leiter erst ab dem 25.11.2021. Eine rückwirkende Beendigung/Bestellung war wegen des statusbegründenden Charakters der Entscheidung nicht möglich.  

Daraufhin beantragte der später klagende Krankenkassenverband die Berichtigung aller erbrachten zahnärztlichen Leistungen für den Zeitraum zwischen Beginn des Beschäftigungsverbots und der Feststellung durch den Zulassungsausschuss.

Diesen Antrag lehnte die Kassenzahnärztliche Vereinigung ab. Und argumentierte im Wesentlichen damit, dass die formelle Zulassung und damit auch die Abrechnungsberechtigung des MVZ während des gesamten Zeitraums bestanden habe.

Der Kläger wiederum vertrat die Auffassung, dass zwischen dem formellen Beenden der Tätigkeit und dem tatsächlichen Ende der Tätigkeit unterschieden werden müsse.

Im Ergebnis bestätigt das Sozialgericht die Auffassung des klagenden Krankenkassenverbandes. Die im streitgegenständlichen Zeitraum vom MVZ erbrachten und abgerechneten Leistungen seien nicht rechtmäßig erbracht worden, da das MVZ nicht, wie in § 95 Abs. 1 S. 2, S. 3 SGB V gefordert, zahnärztlich geleitet worden sei. Zwar verfüge das MVZ weiterhin über eine Zulassung, jedoch trenne das Vertragszahnarztrecht zwischen Status und Abrechnungsberechtigung.

Das Sozialgericht betont in seiner Entscheidung, dass die zahnärztliche Leitung eines MVZ nicht nur eine formale Position sei und es insofern nicht ausreiche, wenn der „leitende“ Arzt rein organisatorische Aufgaben übernehme. Vielmehr erfordere die Wahrnehmung der Leitungsfunktion gerade die tatsächliche Präsenz des zahnärztlichen Leiters. Nur so könne die hinreichende tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit gewährleistet werden.

Im vorliegenden Fall waren die Leistungen daher mangels ordnungsgemäßer zahnärztlicher Leitung richtigzustellen.

Das Urteil des Sozialgerichts weist einige Parallelen zu einem aktuellen Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13.12.2023 (B 6 KA 15/22 R) auf. Das BSG entschied, dass ein MVZ nur dann einen Anspruch auf Vergütung habe, wenn die Sammelerklärung vom ärztlichen Leiter persönlich unterzeichnet worden sei. Insbesondere genüge eine Unterschrift des vertretungsbefugten Geschäftsführers dafür nicht.

Die Entscheidung des Sozialgerichts folgt damit im Kern der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die die Bedeutung des ärztlichen Leiters eines MVZ besonders hervorhebt.

Anmerkung:  
An den ordnungsgemäßen (zahn-) ärztlichen Leiter eines MVZ werden hohe Anforderungen gestellt. Ein rein formaler Ansprechpartner oder jemand der nur organisatorische Fragen behandelt erfüllt diese Anforderungen nicht. 

Um drohende Honorarkürzungen zu vermeiden, sollte ein MVZ daher bei einem Ausfall des (zahn-)ärztlichen Leiters schnell handeln, um dauerhaft eine tatsächliche (zahn-)ärztliche Leitung sicherstellen zu können, ggf. durch einen Vertreter.

Es bleibt abzuwarten, ob die Entscheidung einer Überprüfung durch das LSG standhalten wird.