Mit seinem Beschluss vom 09.03.2022 (Az. 4 W 119/20) beendet das OLG Hamm (vorerst) den Streit um den Zugang von Willenserklärungen, die einer E-Mail als Anhang beigefügt sind.
Gegenstand der Entscheidung war der folgende Sachverhalt: Der Prozessbevollmächtigte des Verfügungsklägers versandte eine E-Mail an den Verfügungsbeklagten mit dem Hinweis, die anliegenden Dokumente zu beachten. Als Dateianhang war der E-Mail ein anwaltliches Abmahnschreiben als PDF-Datei mit dem Dateinahmen „2020000067EU12984.pdf“ sowie – ebenfalls als PDF-Datei – der Entwurf einer strafbewehrten Unterlassungserklärung beigefügt. Der Verfügungsbeklagte behauptete, von den Dokumenten keine Kenntnis erlangt zu haben.
Grundsätzlich gilt, dass als E-Mail übersandte Erklärungen die Textform des § 126 BGB wahren. Daneben stellt der Gesetzgeber mit § 127 Abs. 2 BGB klar, dass die telekommunikative Übermittlung schriftlicher Erklärungen zur Förderung eines effektiven Geschäftsverkehrs der Einhaltung der durch Rechtsgeschäft bestimmten Schriftform nicht entgegensteht. Davon zu unterscheiden ist allerdings die Frage, ob die in der E-Mail enthaltene Erklärung dem Empfänger auch tatsächlich zugegangen ist.
Dies hat das OLG Hamm im vorliegenden Fall für die der E-Mail lediglich als Anhänge beigefügten Erklärungen verneint. Zur Begründung führt es aus, dass von einem Zugang erst dann ausgegangen werden kann, wenn der Empfänger die Anhänge auch tatsächlich geöffnet hat. Denn im Hinblick darauf, dass wegen des Virenrisikos allgemein davor gewarnt wird, Anhänge von E-Mails unbekannter Absender zu öffnen, könne von dem Empfänger in einem solchen Fall nicht erwartet werden, den E-Mail-Anhang zu öffnen.
Festzuhalten bleibt demnach, dass die die Übersendung von Unterlagen und Erklärungen als Bestandteil oder Anhang einer E-Mail im allgemeinen Geschäftsverkehr gerade im Hinblick auf die damit verbundene Zeitersparnis zwar üblich ist, Streitigkeiten über den Zugang als Anhang beigefügter Erklärungen aber zu Lasten des insoweit beweisbelasteten Versenders gehen. Die Entscheidung liegt damit auf der Linie der ständigen Rechtsprechung, die hohe Anforderung an den Nachweis des Zugangs elektronisch übermittelter Erklärungen stellt.