Nebenjob als Notärztin oder Notarzt: Regelmäßig eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung

Das Bundessozialgericht hat am 19.10.2021 in drei Fällen (Az. B 12 KR 29/19 R, B 12 R 9/20 R und B 12 R 10/20 R) entschieden, dass Notärztinnen und Notärzte, die im Nebenjob im Rettungsdienst tätig sind, währenddessen regelmäßig sozialversicherungspflichtig tätig sind. Das nebenberufliche Besetzen eines Rettungsmittels ist – auch wenn dies nur für einzelne Dienste und auf Honorarbasis geschieht – nicht als selbstständige Tätigkeit i.S.d. § 7 I SGB IV anzusehen.

Das Bundessozialgericht hat am 19.10.2021 in drei Fällen (Az. B 12 KR 29/19 R, B 12 R 9/20 R und B 12 R 10/20 R) entschieden, dass Notärztinnen und Notärzte, die im Nebenjob im Rettungsdienst tätig sind, währenddessen regelmäßig sozialversicherungspflichtig tätig sind. Das nebenberufliche Besetzen eines Rettungsmittels ist – auch wenn dies nur für einzelne Dienste und auf Honorarbasis geschieht – nicht als selbstständige Tätigkeit i.S.d. § 7 I SGB IV anzusehen.

Entscheidungsgründe

Entscheidend für die Sozialversicherungspflicht einer Tätigkeit ist, ob diese selbstständig oder als abhängige Beschäftigung ausgeführt wird. Die Abgrenzung einer selbstständigen gegenüber einer abhängigen Beschäftigung erfolgt u.a. darüber, ob eigene Arbeitsmittel eingebracht werden und ob der Verdienst eigenständig – durch freies unternehmerisches Handeln – gesteigert werden kann.

In den vorliegenden Fällen wurden die Notärztinnen und Notärzte auf Rettungsmitteln des/der beschäftigenden Landkreises/Stadt eingesetzt. Diese Rettungsmittel stellten somit keine eigenen Arbeitsmittel der eingesetzten Notärztinnen und Notärzte dar.

Zudem waren die Notärztinnen und Notärzte in ihrer Arbeit organisatorisch nicht frei, sondern der Leitstelle gegenüber weisungsabhängig und den landesrechtlichen Ausrück- und Hilfsfristen unterworfen. Eine freie Gestaltung der Arbeitszeit, ein maßgebliches Merkmal der selbstständigen Tätigkeit, war somit nicht gegeben. Die eingesetzten Notärztinnen und Notärzte wurden vielmehr dadurch in den öffentlichen Rettungsdienst eingegliedert, dass sie lediglich im Zusammenspiel mit dem Rettungsdienstpersonal, das gemeinschaftlich das Rettungsmittel besetzt, tätig werden konnten.

Darüber hinaus konnten die eingesetzten Notärztinnen und Notärzte ihren Gewinn nur durch die Übernahme zusätzlicher Dienste steigern. Ein Einwirken auf den Gewinn durch eigenständiges unternehmerisches Handeln war ihnen nicht möglich.

Ausnahme

Gemäß § 23c II SGB IV besteht eine Befreiung von der Sozialversicherungspflicht, wenn Notärztinnen oder Notärzte nebenberuflich im Rettungsdienst tätig sind und diese Tätigkeit nach dem 11.04.2017 vereinbart wurde. Voraussetzung für die Befreiung ist, dass die betroffenen Notärztinnen und Notärzte entweder eine Haupttätigkeit außerhalb des Rettungsdienstes ausüben, die einen Mindestumfang von 15 Stunden wöchentlich nicht unterschreitet, oder hauptberuflich einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung nachgehen.

Fazit

Nebenberuflich tätige Notärztinnen und Notärzte, die – aufgrund einer Vereinbarung vor dem 11.04.2017 –in den öffentlichen Rettungsdienst eingegliedert sind und fremde Arbeitsmittel nutzen, unterliegen der Sozialversicherungspflicht.

Praxistipp

Vor dem Hintergrund der hier dargestellten Rechtslage ist nebenberuflich tätigen Notärztinnen und Notärzten, zu empfehlen, ihre Vereinbarungen mit dem öffentlichen Rettungsdienst, die vor dem 11.04.2017 geschlossen worden sind, entsprechend neu aufzusetzen, um die Befreiung von der Sozialversicherungspflicht in Anspruch nehmen zu können (sofern eine der o.g. Voraussetzungen im Hinblick auf die Haupttätigkeit erfüllt ist).