Außendienst und Überstunden

Wann fängt die (bezahlte) Arbeit an und wann hört sie auf? Homeoffice, für viele Arbeitnehmer erst seit Beginn der Pandemie eine Option, ist für Außendienstler der Normalfall. Arbeitsbeginn ist das Hochfahren des Rechners, das Lesen der ersten Nachricht aus der Zentrale oder jede sonstige Bürotätigkeit. Startet oder endet der Tag mit einem Kundenbesuch, gehören auch die Fahrten zum ersten Kunden oder vom letzten Kunden zurück nach Hause zur Arbeitsleistung. Kommt es zu einer Überschreitung der regelmäßigen Arbeitszeit, stellt sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Überstunden angefallen und weiter, ob diese zu vergüten sind.

Arbeitsverträge enthalten nicht selten eine Regelung, wonach mit dem Gehalt etwaige Überstunden (Mehrarbeit) abgegolten sind. Eine solche pauschale Klausel ist jedoch nach ständiger Rechtsprechung unwirksam, weil bei Vertragsschluss für den Arbeitnehmer unklar ist, wie viele Arbeitsstunden für die vereinbarte Vergütung max. zu leisten sind.

Dies bedeutet allerdings nicht, dass Arbeitgeber damit automatisch jede Überstunde gesondert zahlen müssen. Entscheidend ist vielmehr, ob eine Bezahlung insoweit „den Umständen nach zu erwarten“ war. Orientierung bieten Tarifverträge, wenn sie im betreffenden Wirtschaftsbereich gelten. Daneben gibt es Fälle, in denen eine Vergütung von Überstunden grundsätzlich nicht zu erwarten ist:

  • der Arbeitnehmer kann Überstunden selbst durch Freizeit ausgleichen,
  • neben dem Gehalt werden Provisionen gezahlt,
  • es werden Dienste höherer Art geleistet (z.B. Abteilungsleiter), oder
  • das Gehalt übersteigt die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (2021: 7.100 € (West)/6.700 € (Ost) pro Monat).

Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (Urt. vom 22.09.2020, 14 Sa 296/20) kann dies aber nur für die Überstunden bis zur gesetzlich zulässigen Höchstarbeitszeit von 48 Std./Wo gelten. Werden darüber hinaus Überstunden geleistet (Betrachtung im Ausgleichszeitraum von sechs Monaten), kann, so das LAG Düsseldorf, ein Arbeitnehmer auch in den genannten Fällen regelmäßig erwarten, diese vergütet zu bekommen. Höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu gibt es bislang jedoch nicht.

Fazit

Arbeitnehmer haben unter Umständen einen Anspruch auf zusätzliche Vergütung von geleisteten Überstunden. Dazu müssen sie darlegen und beweisen, an welchen Tagen Überstunden angefallen sind, die der Arbeitgeber angeordnet oder zumindest geduldet hat. Sind die Arbeitszeiten durch eine Software erfasst, reicht dies grundsätzlich als Nachweis aus.