Crowdworker = Arbeitnehmer?

Ein Arbeitnehmer ist vertraglich verpflichtet, weisungsgebundene, fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit zu leisten. So wird das Arbeitsverhältnis in § 611a BGB definiert. Dies scheint auf den ersten Blick nicht zu einem Crowdworker zu passen, der als Solo-Selbständiger über eine Online-Plattform Aufträge („Mikro-Jobs“) annimmt, ohne hierzu verpflichtet zu sein.

Ein Arbeitnehmer ist vertraglich verpflichtet, weisungsgebundene, fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit zu leisten. So wird das Arbeitsverhältnis in § 611a BGB definiert. Dies scheint auf den ersten Blick nicht zu einem Crowdworker zu passen, der als Solo-Selbständiger über eine Online-Plattform Aufträge („Mikro-Jobs“) annimmt, ohne hierzu verpflichtet zu sein. Die Aufträge können zeitlich unabhängig je nach Inhalt digital oder analog, z.B. durch die Kontrolle von Warenpräsentationen im Einzelhandel erledigt werden, stets allein ohne Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern. Mit Urteil vom 01.12.2020 hat das Bundesarbeitsgericht soeben entschieden, dass auch bei dieser Konstellation ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstanden sein kann (BAG 9 AZR 102/20).

Nach Auffassung der Richter des Bundesarbeitsgerichts ist vorliegend ausschlaggebend, dass der Auftraggeber („Crowdsourcer“) über die von ihm betriebene Online-Plattform und deren Organisationsstruktur die Zusammenarbeit so steuerte, dass der Auftragnehmer („Crowdworker“) seine Tätigkeit (nach Zeit, Ort und Inhalt) praktisch nicht mehr frei gestalten konnte. Insbesondere sahen es die Richter als kritisch an, dass ein Anreizsystem vorgesehen war, das dem Crowdworker mehr Rechte in Gestalt eines erhöhten Levels im Bewertungssystem einräumte, je häufiger er Aufträge annahm und abarbeitete.

Das Urteil betraf thematisch nur die arbeitsrechtliche Dimension der Zusammenarbeit, vor allem die Frage, ob das Unternehmen die Zusammenarbeit ohne schriftliche Kündigung und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beenden konnte. Steuerrechtlich und sozialversicherungsrechtlich ergeben sich allerdings parallele Probleme, da die Vergütung ohne entsprechenden Abzug von Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträgen abgerechnet worden war.