Gleiches Entgelt bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit – obwohl dieser Grundsatz in der EU und in Deutschland seit langer Zeit gesetzlich verankert ist, treten immer wieder Fälle von Ungleichbehandlung zutage, die vermutlich nur die Spitze des Eisbergs darstellen. Oftmals fehlt den Mitarbeitenden der Überblick über das Gehaltsgefüge.
Hier setzt die EU-Entgelttransparenzrichtlinie vom 10.05.2023 an, die der deutsche Gesetzgeber bis zum 07.06.2026 umsetzen muss. Die Vorgaben gehen deutlich über das Entgelttransparenzgesetz aus dem Jahr 2017 hinaus:
- Stellenbewerber*innen haben Anspruch auf Infos über das Einstiegsgehalt/Gehaltsspannen, um ihnen fundierte und transparente Gehaltsverhandlungen zu ermöglichen
- Fragen nach der Bezahlung im laufenden oder früheren Job dürfen nicht gestellt werden
- Arbeitgeber müssen Infos über Kriterien zur Entgeltfestlegung und -entwicklung veröffentlichen (Ausnahme für kleinere Unternehmen möglich)
- Arbeitnehmer*innen haben ungeachtet der Betriebsgröße Anspruch auf Auskunft über ihre individuelle Entgelthöhe und die durchschnittliche Entgelthöhe, aufgeschlüsselt nach Geschlecht und für Gruppen von Arbeitnehmer*innen, die gleich/gleichwertige Arbeit verrichten (Anspruch kann aus Gründen des Datenschutzes dem Betriebsrat/der Gleichbehandlungsstelle vorbehalten werden, die die Arbeitnehmer*innen dann beraten)
- Im Arbeitsvertrag darf keine Verschwiegenheitspflicht über das eigene Gehalt vereinbart werden
- Unternehmen haben je nach Anzahl der Beschäftigten weitergehende Berichtspflichten über das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle und die Pflicht zur gemeinsamen Entgeltbewertung mit den Betriebsräten
- Ähnlich wie im AGG wird die Beweislast dafür, nicht diskriminiert zu haben, dem Arbeitgeber zugewiesen
Viele Probleme lässt die EU-Richtlinie ungelöst, so die Frage, nach welchen Kriterien ermittelt werden soll, wann eine „gleichwertige“ Arbeit vorliegt. Die Aufgabe, hierzu Instrumente oder Analyse-Methoden zu entwickeln, weist die Richtlinie den nationalen Gesetzgebern zu. Das bestehende Entgelttransparenzgesetz muss in einigen Punkten überarbeitet werden; abzuwarten bleibt, mit welchem Ergebnis.