BSG-Urteil zur Anstellung im „eigenen“ MVZ sorgt für Aufruhr

Mit Urteil vom 26.01.2022 hat das Bundessozialgericht überraschend entschieden, dass Vertragsärzte sich nicht mehr in ihrem „eigenen“ MVZ anstellen lassen können, wenn sie über ihre Gesellschafterposition eine derart beherrschende Stellung besitzen, dass sie arbeitsrechtlich nicht mehr als weisungsgebunden und somit als „abhängig beschäftigt“ angesehen werden können (Urteil vom 26.01.2022, Az. B 6 KA 2/21 R). Dies sei zum Beispiel bei Alleingesellschaftern oder hälftig beteiligten Gesellschaftern der Fall.

Mit Urteil vom 26.01.2022 hat das Bundessozialgericht überraschend entschieden, dass Vertragsärzte sich nicht mehr in ihrem „eigenen“ MVZ anstellen lassen können, wenn sie über ihre Gesellschafterposition eine derart beherrschende Stellung besitzen, dass sie arbeitsrechtlich nicht mehr als weisungsgebunden und somit als „abhängig beschäftigt“ angesehen werden können (Urteil vom 26.01.2022, Az. B 6 KA 2/21 R). Dies sei zum Beispiel bei Alleingesellschaftern oder hälftig beteiligten Gesellschaftern der Fall.

Dem BSG lag der Fall von zwei Nephrologen vor, die mit jeweils hälftiger Beteiligung eine MVZ GbR gegründet hatten und sich dort anstellen lassen wollten. Nachdem erstinstanzlich die Anstellung genehmigt wurde, hat das BSG diese in der Sprungrevision abgelehnt, weil die Ärzte als beherrschende Gesellschafter die Rechtsmacht und Einflussnahme besäßen, um die Geschicke der Gesellschaft lenken zu können und unliebsame Entscheidungen verhindern zu können. Deshalb fehle es an der für die Anstellung erforderlichen Weisungsgebundenheit. Ein eigener Anstellungsbegriff sei im Vertragsarztrecht nicht vorgesehen. Bisher liegt nur der Terminsbericht vor.

Das Urteil ist überraschend. Denn in der Praxis wird – jedenfalls für die MVZ GmbH – die Anstellung der Ärzte in ihrem eigenen MVZ durch die Zulassungsausschüsse seit jeher regelmäßig gefordert. Es ist bisher noch unklar, wie die Zulassungsausschüsse mit der neuen Rechtsprechung umgehen werden.

Ein anderes Urteil des BSG vom 27.11.2019 zur sog. Freiberufler MVZ GmbH gewinnt in diesem Zusammenhang wieder an Bedeutung. Dort hatte das BSG – entgegen der üblicherweise geforderten Anstellung von Vertragsärzten in ihrer eigenen MVZ GmbH – entschieden, dass eine MVZ GmbH auch als sog. „Freiberufler MVZ GmbH“ gegründet werden kann. Bei einer Freiberufler-MVZ-GmbH behält der Vertragsarzt seine Stellung und Zulassung als Vertragsarzt und stellt die Zulassung dem MVZ über einen Kooperationsvertrag zur Verfügung. Dies kann jedoch gleichzeitig erhebliche steuerliche Auswirkungen mit sich bringen, weil die Zulassung einen großen Teil des Praxiswerts ausmacht und dieser Wert von dem Vertragsarzt dann nicht in die MVZ GmbH eingebracht werden kann. Auch bei der Veräußerung der Geschäftsanteile hat dies den Nachteil, dass der Vertragsarzt seine Zulassung erst in das MVZ einbringen oder ausschreiben muss. Es zeigt sich erneut, dass die Bereiche des zulassungs-, steuer- und arbeitsrechtsrechtlichen Vorschriften nicht aufeinander abgestimmt sind, so dass ein Handeln des Gesetzgebers erforderlich erscheint.

Praxishinweis:

Die Rechtsprechung betrifft insbesondere Ärzte, die aktuell eine MVZ GmbH gründen und sich durch Verzicht auf ihre eigene Zulassung anstellen lassen wollen. Diese sollten sich im Vorfeld über die verschiedenen Auswirkungen beraten lassen. Investoren und Krankenhäuser sind als MVZ-Gründer von dieser Rechtsprechung in der Regel nicht betroffen.

M&P berät Sie an der Schnittstelle von Zulassungs- und Gesellschaftsrecht. Wir haben Erfahrung in der Gründung sowohl von MVZ GmbH mit angestellten Gesellschaftern als auch bei der Gründung von Freiberufler MVZ GmbHen.

Gern unterstützen wir Sie bei der zulassungs- und gesellschaftsrechtlichen Gestaltung Ihres MVZ.

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