Den zwischen Krankenkassen und einzelnen Lieferanten abgeschlossenen Exklusivlieferverträgen über Sprechstundenbedarf fehlt es an einer ausdrücklich gesetzlich normierten oder kollektivvertraglichen Rechtsgrundlage, sodass solche Verträge keine Ausschlusswirkung gegenüber anderen Lieferanten entfalten (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 21.09.2023, Az. B 3 KR 4/22 R).
Geklagt hatte ein pharmazeutischer Großhändler, welcher radiologische Vertragsarztpraxen in Rheinland-Pfalz und im Saarland direkt mit Kontrastmitteln als Sprechstundenbedarf belieferte, gegen eine Krankenkasse, die Exklusivlieferverträge mit mehreren Kontrastmittel-lieferanten geschlossen hatte, zu denen der Kläger nicht gehörte. Die Beklagte hatte daraufhin die Vergütung des Klägers für an Vertragsarztpraxen gelieferte Kontrastmittel aufgrund der bestehenden Exklusivlieferverträge mit anderen Lieferanten gekürzt. Die ausstehende Vergütung machte der Kläger mit der Klage geltend.
Das BSG bestätigte die Feststellungen der Vorinstanzen, dass sich der Vergütungsanspruch des Klägers aus den einschlägigen Sprechstundenbedarfsvereinbarungen (Rheinland-Pfalz und Saarland) in Verbindung mit den vertragsärztlichen Verordnungen von Kontrastmitteln ergebe. Den von der Beklagten abgeschlossenen Exklusivlieferverträgen fehle es an einer konkreten Rechtsgrundlage, wie dies beispielsweise bei Rabattverträgen für Arzneimittel gemäß § 130a Abs. 8 SGB V der Fall sei. Bei Sprechstundenbedarfsvereinbarungen, welche aus den Gesamtverträgen gemäß § 83 SGB V resultieren, handele es sich um untergesetzliches Kollektivvertragsrecht. Exklusivlieferverträge, denen es an einer Rechtsgrundlage fehle, können diese vorrangige Anwendung bestehenden Rechts nicht umgehen. Aus dem in § 12 SGB V normierten Wirtschaftlichkeitsgebot allein, könne sich keine Rechtsgrundlage für die vorliegend abgeschlossenen Exklusivlieferverträge ableiten lassen.
Das BSG ließ allerdings offen, welche Folgen die Nichtbeachtung solcher Exklusivlieferverträge für die verordnenden Vertragsärzte haben könnte. In der Urteilsbegründung führte das BSG dazu aus, dass dies lediglich Gegenstand einer „nachgelagerten vertragsärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung“ sein könne, der „keine rechtlichen Vorwirkungen mit Blick auf die Lieferberechtigung und den Vergütungsanspruch nicht bezuschlagter Lieferanten zuzukommen vermögen“.
Praxistipp:
Mithin könnte das Vergütungsrisiko durch die Nichtbeachtung von Exklusivlieferverträgen vom verordnenden Vertragsarzt zu tragen sein, sofern er den Sprechstundenbedarf direkt von einem Großhändler bezieht. Dies erscheint jedoch bereits vor dem Hintergrund, dass den vorliegenden Exklusivlieferverträgen die Rechtsgrundlage fehlt, nicht plausibel. Im Ergebnis dürfte auch der verordnende Vertragsarzt nicht im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung von der Krankenkasse in Anspruch zu nehmen sein. Da es dem Vertragsarzt jedoch kaum zumutbar sein wird, die Zulässigkeit von bestehenden Exklusivliefervereinbarungen der Krankenkassen zu überprüfen, bleibt es in der Praxis empfehlenswert, sich an die an ihn übermittelten Mitteilungen der Krankenkassen und an die jeweiligen Hinweise in der Sprechstundenbedarfsvereinbarung zu halten.