Haftungsausschließendes Mitverschulden eines Arztes bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber Patienten

Urteil des OLG Nürnberg vom 15.02.2023

Das OLG Nürnberg hatte über Schadensersatzansprüche eines Radiologen gegen eine Patientin zu entscheiden, nachdem diese bei einer MRT-Untersuchung aufgrund des Tragens einer Orthese eine Notabschaltung des MRT verursachte. Die Notabschaltung hatte Kosten für das neue Befüllen des MRT mit flüssigem Helium von € 47.457,33 zzgl. MwSt. und einen Umsatzverlust von € 6.625,23 zur Folge.

Mit seinem Urteil vom 15.02.2023 (Az. 4 U 20/22) stellte das Oberlandesgericht Nürnberg zwar eine für den Schadensersatz ursächliche fahrlässige Pflichtverletzung bei der beklagten Patientin fest, da diese trotz entsprechender Fragen und Warnhinweise nicht auf ihre Orthese hingewiesen hatte.

Gleichwohl wurde der Schadensersatzanspruch des klagenden Radiologen zurückgewiesen, weil auf seiner Seite nach Auffassung des Gerichts ein derart gravierendes schuldursächliches Mitverschulden vorlag, demgegenüber die Haftung der Patientin vollständig zurücktrete.

Zwar bestehe für Patienten die allgemeine Pflicht, sich gegenüber der Praxis- oder Klinikeinrichtung, dem Personal der Einrichtung und anderen Patienten sorgfältig zu verhalten. Jedoch sei das Personal der Einrichtung wie der behandelnde Arzt gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB verpflichtet, den Patienten auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens im Fall der Missachtung eines entsprechenden Warnhinweises aufmerksam zu machen. Dies war hier angesichts der bei der Patientin nicht zu übersehenden Orthese nicht der Fall, was zur Klageabweisung führte.

Praxistipp: Bei der Patientenaufklärung muss der Patient – z.B. im Anamnesebogen – in einer für ihn verständlichen Weise auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens deutlich hingewiesen werden, was in der Patientenakte zu dokumentieren ist. Da entsprechende Versäumnisse des Praxispersonals dem Arzt zuzurechnen sind, ist auf eine sorgfältige Anleitung und Überwachung des Personals zu achten.