Am 25.10.2023 hat das Bundesozialgericht (B 6 KA 26/22 R) entschieden, dass die Nachrangigkeitsregelung von MVZ nach dem Wortlaut nur bei den Nachbesetzungsverfahren für einen Vertragsarztsitz zu berücksichtigen seien, diese Regelung aber mangels Regelungslücke nicht analog bei Verfahren wegen partieller Entsperrung angewendet werden könne.
Das BSG begründet diese Annahme mit einer teleologischen Argumentation, wonach die Nachrangigkeitsklausel im Nachbesetzungsverfahren nur das ursprünglich geplante Vorkaufrecht für die Kassenärztlichen Vereinigungen oder für Vertragsärzte ersetzen sollte. Der Gesetzgeber hatte von dem Vorkaufsrecht abgesehen, weil dieses aufgrund des Aufwandes kaum praktisch umsetzbar sei. Eine vergleichbare Regelungslücke finde sich bei den Zulassungsverfahren wegen partieller Entsperrung nicht.
Weiter führt das BSG aus, dass die Entscheidung auch nicht im Widerspruch zur Entscheidung des Senats zur Konzeptbewerbung (Urt. 15.09.2019 – B 6 KA 5/18 R) stehe, da zwar dort eine Regelungslücke für Zulassungsverfahren wegen partieller Entsperrung bejaht werde, aber es nicht um die Modifikation von weiteren Auswahlkriterien im Zulassungsverfahren gegangen sei. Es sei um eine Regelung gegangen, wonach einer bestimmten Gruppe von MVZ im Nachbesetzungsverfahren eine andere Stellung als anderen geeigneten Bewerbern einzuräumen sei.
Leider ist bislang nicht ersichtlich, ob sich das BSG auch zu der grundsätzlichen Frage äußern wird, wie die Nachrangigkeitsklausel gem. § 103 Abs. 4c S. 3 SGB V im Auswahlverfahren generell anzuwenden ist. Hierbei gibt es von den Sozialgerichten unterschiedliche Ansichten darüber, ob MVZ, bei denen die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, von vornherein nicht in die Auswahlentscheidung mit einzubeziehen sind oder ob die Nachrangigkeitsklausel ein Kriterium im direkten Vergleich der Bewerber innerhalb der Auswahlentscheidung darstellt.