Rückschluss von Rezeptunterschrift auf behandelnden Arzt nicht immer zwingend

Das Sozialgericht München hat mit Urteil vom 23.11.2023 (Az.: S 38 KA 11/) mehrere in der vertragsärztlichen Versorgung relevante Fragen entschieden.

Zunächst hat es keine weitere Ausnahme bzw. Ergänzung des Kataloges der zulässigen Vertretungsgründe des § 32 Ärzte-ZV wegen einer Verkürzung der Wartezeit für Patienten gesehen und auch Weiterbildungsassistenten nicht als zulässige Vertreter anerkannt.

Des Weiteren sei auch eine stundenweise oder sogar eine halbtägige Vertretung unzulässig, da sonst erhebliche Schwierigkeit hinsichtlich der Feststellung bestünden, ob der Vertragsarzt den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung eingehalten habe sowie ein unzulässiges paralleles Tätigwerden von mehreren Ärzten viel schwerer zu erkennen sei.

Diese Argumentation überzeugt allerdings nicht, da eine parallele Leistungsabrechnung des Vertragsarztes und eines Vertreters am selben Tag weiterhin als Aufgreifkriterium für eine Plausibilitätsprüfung herangezogen werden kann. Es wäre allerdings sachgerecht, dem Vertragsarzt die Möglichkeit des Gegenbeweises zu geben, dass tatsächlich ein Vertretungstatbestand des § 32 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV vorgelegen hat, zumal sich eine Krankheit auch im Laufe eines Tages entwickeln oder soweit verschlimmern kann, dass eine (vertrags)ärztliche Tätigkeit nicht mehr in der gebotenen Qualität angeboten werden kann. Über den gesetzlichen Urlaub hinaus ist es zudem anerkannt, dass auch Bruchteile von Urlaubstagen vereinbart werden können. Eine stundenweise Vertretung sollte bei der Berechnung der Gesamtvertretungsdauer dann als ein Vertretungstag gezählt werden.

Bezüglich der ärztlichen Unterschrift auf ausgestellten Rezepten ist anerkannt, dass dies grundsätzlich Aufgabe des behandelnden Arztes ist, sowohl bei Erst- als auch bei Folgerezepten, so dass ein Anscheinsbeweis besteht, dass bei der Unterschrift eines anderen Arztes ein Verstoß gegen das Gebot der persönlichen Leistungserbringung vorliegt.

Im vorliegenden Fall hat das Sozialgericht München allerdings eine Ausnahme von diesem Grundsatz gesehen. Für die Berechnung der Grundpauschale ist zwar ein persönlicher-Arzt-Patienten-Kontakt, erforderlich ist, allerdings nicht für die zum Großteil technischen Laborleitungen. Diese werden von Laboratoriumsassistentinnen ohne Zusammenhang mit einer konkreten Behandlung und zeitlich unabhängig vom Patientenbesuch in der Praxis sowie regelmäßig sogar außerhalb der Sprechstunden erbracht und anschließend vom Vertragsarzt befundet. Daher besteht zwischen der Ausstellung der Rezepte und der Erbringung der Laborleitungen kein diesen Anscheinsbeweis begründender Zusammenhang. Die Kassenärztliche Vereinigung durfte folglich im Rahmen der hier streitgegenständlichen Plausibilitätsprüfung nicht davon ausgehen, dass auch diese nicht ordnungsgemäß erbracht worden sind.